Bürgerverein Luisenstadt e.V.

Stadtteilzeitung ecke koepenicker Nr 6 Dez Jan 2020 300

Sozialstudie hilft aber bei der Durchsetzung sozialer Sanierungsziele

Das Gebiet östlich der Heinrich-Heine-Straße wird vermutlich nicht als Milieuschutzgebiet festgelegt.

Die Büros, die in den vergangenen Monaten detaillierte Untersuchungen der Sozialstruktur im Gebiet vorgenommen haben, werden das nicht empfehlen können.

Präzisiert werden sollen jedoch die sozialen Sanierungsziele im Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt. In Milieuschutzgebieten können die Bezirke zusammen mit dem Land Berlin sehr weitgehend in den Immobilien-markt eingreifen und zum Beispiel bei Verkäufen von Mietshäusern ein Vorkaufsrecht geltend machen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zeitweilig untersagen oder Luxusmodernisierungen verhindern.

Der größte Teil der Kreuzberger Luisenstadt ist so ein "soziales Erhaltungsgebiet", genauso wie weite Teile des Weddings oder von Moabit. Um den Eingriff in die Eigentumsrechte zu rechtfertigen, muss jedoch der "Erhalt der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung" gefährdet sein und mit Hilfe detaillierter Studien nachgewiesen werden. Im Auftrag des Bezirks Mitte haben die Büros "S.T.E.R.N." und "argus" solch eine Studie in den vergangenen Monaten durchgeführt und dazu auch sämtliche Haushalte im Gebiet angeschrieben.

Rund ein Viertel haben den Fragebogen auch ausgefüllt und zurückgesandt - eine enorm gute Quote. Das sagte Bernd Geve von argus bei der Vorstellung erster Ergebnisse im Sanierungsbeirat Nördliche Luisenstadt.

Nach den Berechnungen der beiden Büros, die ähnliche Studien schon in vielen Berliner Stadtteilen durchgeführt haben, rechtfertigen die Ergebnisse aber nicht den relativ hohen Aufwand, der mit der Festlegung von Milieuschutzgebieten verbunden ist. Im untersuchten "Planungsraum Heinrich-Heine-Viertel Ost" liege zwar bei 27,8% der Haushalte ein "hohes Aufwertungspotenzial" vor.

Im Wedding oder in Moabit liege dieser Wert aber bei um die 50%. Zudem bezifferten die Gutachter die tatsächliche Verdrängungsgefahr nur mit 14,5%, was für die Berliner Innenstadt eher niedrig sei.
Es gebe also andere Gebiete, für die ein Milieuschutz dringender wäre. Dieses Ergebnis überrascht nicht. Denn natürlich stabilisiert der hohe Anteil von Wohnungen in genossenschaftlicher und kommunaler Verfügung die Bevölkerungsstruktur im Gebiet.

Im Grobcheck, den der Bezirk Mitte zur möglichen Festlegung von Milieuschutzgebieten bereits im Jahr 2015 durchführen ließ, war die Luisenstadt jeden-falls noch nicht einmal als Verdachtsgebiet aufgeführt.

Weil man jetzt die soziale Dynamik im Prognoseraum sehr gut kennt, lassen sich jedoch soziale Sanierungsziele im Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt klarer formulieren und begründen. So stieg beispielsweise die Einwohnerzahl in den letzten fünf Jahren im östlichen Heinrich-Heine-Viertel um 23%, im Sanierungsgebiet gar um 34% und da-mit weit stärker als im Berliner Durchschnitt (5%).

Der Anteil von armutsgefährdeten Haushalten ist dagegen mit rund 5% relativ gering - im gesamten Bezirk sind es rund 28%. Für das Lagebild wertvoll sind aber vor allem die Anmerkungen, die auf den Fragebögen hinterlassen wurden. Denn darin beklagten sich viele über Belästigungen in ihrem Wohnumfeld, vor allem in Bezug auf den Drogenhandel rund um den U-Bahnhof Heinrich-Heine-Straße und auf den Massentourismus, etwa am A&O Hostel.

Von denen, die über einen Wegzug aus dem Gebiet nachdenken, beziehen sich ungewöhnlich viele auf diese Belästigungen "Diese Zustände sind eindeutig ein städtebaulicher Mangel", so fasste Bernd Greve zusammen. Das ist zwar für die Anwohner keine Neuigkeit, aber schwarz auf weiß in einer Studie festgehalten, können solche Befunde sehr praktische Auswirkungen haben.

Denn im Sanierungsgebiet gibt es ja noch erhebliche Neubaupotenziale. Und Neubauten bedürfen hier auch einer sanierungsrechtlichen Genehmigung, die auf den Abbau städte-baulichen Missstände abzielt.
Wenn die konkret nachweisbar sind, stärkt das natürlich die Argumentationsbasis der Sanierungsverwaltung.

Und auch die Vermietung von Ge-werberäumen steht im Sanierungsgebiet unter Genehmigungsvorbehalt, auch im Kampf gegen weitere "Spätis" und kann das Amt die Argumentationshilfe der Studie also sehr gut gebrauchen.

Autor: cs / ecke Redaktion


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