Bürgerverein Luisenstadt e.V.
„Zukunft scheint gesichert“ lautet Ende Januar die Überschrift eines Artikels in der Berliner Presse, mit der Nachricht, dass eine vergleichsweise zufriedenstellende Lösung für die Mieter der Oranienstraße 169 gefunden wurde. Das Haus soll nicht mehr zu Höchstpreisen an einen Immobilienhai verkauft werden, sondern an eine in Gründung befindliche Genossenschaft, die WirWerk eG, denn die bisherige „Eigentümergemeinschaft hat sich auf den gemeinwohlorientierten Weiterbetrieb des Hauses geeinigt.“

Der Geschäftsführer der Genossenschaft betont, nicht in erster Linie den Gewinn im Blick zu haben, sondern „bezahlbares Wohnen und Arbeiten in Berlin und anderswo zu ermöglichen“. Ende gut alles gut? Der Bürgerverein Luisenstadt meint: Nein. Die Alteigentümer machen trotzdem noch ein profitables Geschäft mittels einstmals kassierter Steuermittel. Und: Zu viele Fragen bleiben offen.

Wir verstehen nicht, dass der Senat 1994 einer kleinen Gruppe von „Selbsthelfern“ für die Sanierung des Hauses Oranienstraße 169 Steuergelder in Höhe von 3,5 Mill. DM überlässt, aber zwanzig Jahre lang versäumt, die damit verbundenen gemeinwohl-orientierten Auflagen zu kontrollieren, und nach unzureichender Abschlussprüfung den Eigentümern die Grundschuld einfach erlässt.

Wieso hat die Senatsbauverwaltung bei Vertragsabschluss im Jahre 1994 keine verbindlichen Absprachen mit dem Bezirksamt (Friedrichshain-)Kreuzberg getroffen, mit einer klaren Aufgabenverteilung zur Kontrolle der Auflagen? Der Bezirk muss sich wiederum fragen lassen, wieso 10 Jahre lang eine Akte zur Oranienstraße 169 geführt wurde, die dann einfach abbricht. Eine Schuldzuweisung an die Senatsverwaltung erledigt nicht die Fragen nach der Mitverantwortung des Bezirks an den Funktionsmängeln der Berliner Verwaltung, zu Lasten aller Bürger, insbesondere derjenigen, die auf die soziale Ausgleichsfunktion des Staates angewiesen sind.

Die Mitglieder des Bürgervereins Luisenstadt sind es leid, auch in diesem Fall wieder nur ein Ping-Pong-Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Senats- und Bezirksverwaltungen zu erleben. Die Verweigerungshaltung, Fehler der eigenen Verwaltung einzugestehen und ernsthaft vor Ort nach den Ursachen zu forschen, um diese in Zukunft auszuschließen, muß gestoppt und für die Zukunft unterbunden werden. Die generell mangelnde Effizienz der Berliner Verwaltung, nicht zuletzt wegen ihrer in überzogener Weise gepflegten Zweistufigkeit, ist zunehmend zum Hemmschuh für eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Stadt und zum Treibstoff für Unzufriedenheit und Resignation in der Bevölkerung geworden.

In der jetzt angelaufenen Diskussion über eine Berliner Verwaltungsreform reicht es nicht, die kleinteilige Aufsicht über die Bezirke neu zu ordnen, sondern das Ziel muss eine verbindliche gesamtstädtische Struktur der Berliner Verwaltung sein, die den BürgerInnen in allen Bezirken ein gleiches Niveau der öffentlichen Dienstleistungen und Daseins-vorsorge garantiert und eine kompetente, zukunftsfähige, an den Interessen der BürgerInnen orientierte Weiterentwicklung der ganzen Stadt möglich macht.

Februar 2023